Die Veranstaltung von FSE und QFF am Ostermontag in Hamburg brachte neue Erkenntnisse und neue Koalitionen

Der Name des Veranstaltungsortes “Hamburger Botschaft“ hatte schon fast seherischen Charakter. Denn die Botschaft, die von dieser viel beachteten, aber leider suboptimal besuchten Podiumsdiskussion am 9. April 2012 ausgeht, ist hoffentlich nachhaltig.

Es ging in erster Linie um eine Einführung in die Situation von Lesben und Schwulen in den EM2012- Gastgeberländern Polen und Ukraine sowohl in der Gesellschaft als auch im Sport. Wichtig war jedoch allen Teilnehmern ein „Kick off“ für eine Zusammenarbeit der Organisationen. Im Vordergrund hier die Frage, wie die westeuropäischen Vereinigungen die Polen und Ukrainer in ihren Bemühungen Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung zu bekämpfen, unterstützen können.

Daniela Wurbs, Geschäftsführerin von Football Supporters Europe, führte den Anwesenden erst einmal anhand von diversen Bannern aus deutschen Stadien vor Augen, dass auch Homophobie hierzulande immer noch in der Fanszene gelebt wird. Dann zeigte sie eine Choreo aus Wroclaw, die ebenso aufwendig wie diskriminierend Homosexualität, Anti- Faschismus, Kommunismus und linke Freiheitsgedanken ablehnte. Der polnische Schwulenaktivist Lukasz von der European Gay and Lesbian Sports Federation (EGLSF) berichtete dann auch von aktuellen Problemen, die allerdings durch den Beitritt Polens zur EU allmählich zurückgedrängt werden. Die Situation für Schwule und Lesben kann bei aller Dramatik als entspannt angesehen werden. Polen will sich auch zur EM als offenes, fröhliches Land präsentieren, in dem Homosexuellenverfolgung nicht an der Tagesordnung ist. Dazu passt auch, dass die Partei von Ministerpräsident Donald Tusk einen Gesetzesentwurf ins Parlament einbringen will, wonach Homosexuelle im Erbrecht mit Heterosexuellen gleichgestellt werden.

Ganz anders die Situation in der sowohl russisch als auch orthodox christlich geprägten Ukraine: 82 % der Befragten einer repräsentativen Umfrage gaben noch vor kurzem an, dass „Homosexualität niemals akzeptabel sein wird“. Nicht nur die nationale Organisation „Love against Homosexuality“ von Ruslan Kukharchuk erfreut sich großer Beliebtheit, sondern auch der bereits in St. Petersburg umgesetzte Gesetzentwurf „Gegen Propaganda von Homosexualität“ wird vermutlich ukrainisches Gesetz werden.

Alla aus der Ukraine, die aktive Fußballerin in einem lesbischen Team ist, berichtete dem Publikum, dass es unmöglich und auch extrem gefährlich sei. wenn sich ihre Elf offen lesbisch zeige. Derzeit wäre die Stimmung eher homosexuellenfeindlicher im Land geworden, da das Thema mehr in der Öffentlichkeit debattiert wird und sich dadurch viele genötigt sehen, sich gegen die Anti- Diskriminierung zu stellen. Die Direktorin der JustinCampaign (www.footballvhomophobia.com), Megan Worth-Davies, schlug sogleich auch eine engere Vernetzung der Organisationen vor. Das wurde durch Dirk Brüllau von der schwul-lesbischen Fanorganisation Queer Football Fanclubs (www.queerfootballfanclubs.org) ebenfalls unterstützt und er schlug vor, dass „eines der nächsten internationalen Treffen des Netzwerkes QFF ja auch mal in Wroclaw stattfinden könnte, um die polnischen Aktivisten bei ihrer Arbeit zu unterstützen und mehr Öffentlichkeit zu erwirken“.

Nikola Staritz von FairplayVidc (www.footballforequality.org) aus Wien konnte ebenfalls die Unterstützung von ihrer Organisation anbieten. Dass FSE (www.fanseurope.org) bereits neben den installierten Fans`Embassies auch für Schwule und Lesben während der EM 2012 „Pridehouses“ in Polen organisiert, rundete die positive Stimmung der Veranstaltung ab. Nach zweieinhalb Stunden wurde die „Hamburger Botschaft“ verkündet, dass man sich gesamt-europäisch für ein fröhliches Fußballfest bei der EM 2012 engagiert und auch zukünftig die mutigen Aktivisten in den Gastgeberländern Polen und Ukraine bei der Umsetzung der Forderungen der Lesben- und Schwulen-Vereinigungen zu unterstützen. Neben dem Aktionsbündnis gegen Homophobie § 6 (2) a waren Co- Organisatoren der Veranstaltung Queerpass Sankt Pauli, die Volksparkjunxx und Green Hot Spots aus Bremen.

von Dirk Brüllau